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...und mehr

Zur Kontrolle von Kronensicherungen

Dipl.-Ing. Klaus Schröder, Stadt Osnabrück


Einleitung

Alles ist vergänglich. Diese Binsenweisheit kennt wohl jeder. Unter dem Einfluss der verschiedensten Faktoren altern Lebewesen und auch Materie. Mal schneller, mal langsamer. So geschieht es auch mit den für  Kronensicherungen verwendeten Materialien.

In den Baumkronen wirken Sonne, Frost und Regen, Verunreinigungen, vielleicht auch Organismen und nicht zu vergessen, mechanische Kräfte, wie das Abbremsen von Schwingungen, auf die installierten Kronensicherungen ein. Die chemischen und physikalischen Einflüsse bleiben nicht ohne Folgen. Metall beginnt zu korrodieren, synthetische Fasern verspröden und Verbindungen können sich lösen. Alles beginnt in zu vernachlässigendem Ausmaß, doch im Laufe der Zeit können sich Kleinigkeiten zu Problemen, letztlich der Funktionsunfähigkeit  der Kronensicherung, entwickeln .

Daher ist es einleuchtend, dass nicht nur Bäume bezüglich ihrer Verkehrssicherheit, sondern auch die in ihren Kronen eingebauten Sicherungen in angemessenen Intervallen kontrolliert werden müssen, egal um welche Ausführung es sich handelt. Das gleiche gilt auch für Baumstützen und andere im Baum angebrachte Hilfsmittel, die der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit dienen.

Kontrollen – wie häufig und wie.... 

In der ZTV-Baumpflege, Ausgabe 2001, heißt es zur Häufigkeit der Kontrollen im Kapitel 3.2.1.3:

„Kronensicherungen sind hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit regelmäßig in Abständen von 2 bis 5 Jahren zu kontrollieren.

Dabei ist die unterschiedliche Alterungsbeständigkeit der verwendeten Materia-lien zu beachten (s. Herstellerangabe).“

Anders, als bei den allgemeinen Baumkontrollen, die ja in der Regel durch Inaugenscheinnahme, vom Boden aus erfolgen, ist die Kontrolle der Funktionsfähigkeit von Kronensicherungen nur im Ausnahmefall in gleicher Weise zu bewerkstelligen. Die Installationen befinden sich oft in größerer Höhe, werden durch Äste und Laub verdeckt und sind im Idealfalle auch noch weitgehend „unsichtbar“, so dass eine qualifizierte Beurteilung ihres Zustandes nur aus der Nähe erfolgen kann. Auch der Gebrauch eines Fernglases kann das wohl nur in Ausnahmefällen ändern. In der Regel wird sich der Einsatz einer Hubarbeitsbühne oder die Beauftragung eines „Baumkletterers“ nicht umgehen lassen.

....und was muss kontrolliert werden?

So oder so in der Baumkrone angelangt, stellt sich dem Baumpfleger, der über die erforderliche Fachkompetenz verfügen muss, die Frage, worauf er zu achten hat. Die meisten (oder alle?) Produktinformationen für Kronensicherungen schweigen sich hierüber aus. Aber auch die ZTV-Baumpflege erweist sich in dieser Beziehung als nicht sehr auskunftsfreudig.

Die Verwendung einer Checkliste kann die systematische Kontrolle erleichtern und dazu beitragen, Versehen zu vermeiden.

Zunächst sollte Grundsätzliches abgeklärt werden, z. B. ob sich die Sicherung noch dort befindet, wo sie ursprünglich eingebaut wurde oder ob sie vielleicht an eine andere Stelle „gewandert“ ist. Gleichzeitig kann ein Blick auf die Siche-rungsebenen nicht schaden. In 2/3 der Höhe über der Basis des zu sichernden Baumteiles (oder höher) soll sie im Regelfall liegen. Sind mehrere Sicherungs-ebenen erforderlich, müssen sie den tatsächlichen Erfordernissen entsprechen. In der Regel soll die zweite, untere Kronensicherung auf etwa der halben Länge des zu sichernden Baumteiles installiert sein.

Danach werden alle Komponenten des Systems auf Unversehrtheit gecheckt. Korrosion oder Brucherscheinungen von Metallteilen, gerissene Fasern von Tauwerk / Gurten und andere visuell erkennbare Hinweise auf eine Minderung der Bruchkraft müssen registriert und Mängel umgehend behoben werden. Der feste Sitz von Seilklemmen an Drahtseile ist genauso zu prüfen, wie, bei der Verwendung von Tauwerk, der korrekte Zustand von Spleißen oder Knoten. Es ist zu bedenken, dass zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit im Versagensfalle gesicherte Kronenteile von der Kronensicherung im Baum gehalten werden und nicht herabstürzen sollen, die Bruchlast (Tragfähigkeit)  der Kronensicherung muss entsprechend ausgelegt sein.

Auch Verletzungen des Baumes, z. B. Einwachsungen, Scheuerstellen  oder Fäule (insbesondere bei Kronenverankerungen) müssen festgestellt und gegebenenfalls fachgerecht versorgt werden. Es ist auch darauf zu achten, dass die Bruchsicherheit der tragenden Kronenteile gegeben ist.    

Über die Alterungsbeständigkeit von Materialien für die Kronensicherung liegen Untersuchungen vor. Grundsätzlich sollten aber die Hersteller bzw. Vertreiber von Kronensicherungssystemen zu entsprechende Angaben über ihre Produkte befragt werden, da nur diese Daten produktspezifisch und damit für ein System verbindlich  sind.

Liegt der Einbau einer Kronensicherung längere Zeit zurück, kann es sein, dass aufgrund des Zuwachses der Krone und der dadurch veränderten mechanischen Gegebenheiten die Verbindungselemente zwischen den Baumteilen straff gespannt sind. Auch hier gilt es zu entscheiden, auf welche Weise Abhilfe möglich ist. Dabei ist die Vorgabe, dass das eingebaute System das Schwingen der gesicherten  Kronenteile nicht unterbinden soll, damit der Baum die mechanisch belasteten Stellen durch Zuwachs verstärken kann. Durch den Dickenzuwachs von Ästen und Stämmlingen könnten die umschlingenden Teile der Kronensicherung zu eng anliegen und zum Einwachsen neigen. Letztlich muss abgeklärt werden, ob das installierte System grundsätzlich für das aktuell vorliegende Sicherungserfordernis (noch) geeignet ist. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass nur bestimmte Materialien, wie Polyester-Tauwerk und –Gurtband sowie Drahtseile für die Aufnahme von Dauerlasten geeignet sind.

In allen Fällen, in denen besonnene, verständige und gewissenhafte Fachleute Zweifel an der Funktionsfähigkeit überprüfter Kronensicherungen haben, ist es erforderlich, entsprechende Korrekturen vorzunehmen. Diese können u. a.  darin bestehen, einzelne Elemente zu erneuern, die Sicherungsebene zu verändern, zusätzliche Sicherungen, z. B. Auffangsicherungen zu installieren, eine zusätzliche Sicherungsebenen einzufügen  oder ein völlig neues System einzubauen. Entlastende Schnittmaßnahmen sollten ebenfalls erwogen werden. Ein vernünftiges Maß an Sicherheit für Menschen und Sachen, aber auch für den Baum zu erreichen, muss Grundlage aller Entscheidungen sein!

Dokumentation

Sowohl der Einbau einer Kronensicherung, deren regelmäßige Kontrollen, aber auch die unverzügliche Behebung festgestellter Mängel sollte dokumentiert werden. Nur so ist es möglich, vergleichbar mit den allgemeinen Baumkontrollen, in einem Versagensfall mit Folgeschäden, die Wahrnehmung der sich aus dem Baumeigentum ergebende Verpflichtungen nachzuweisen.

Die abgebildeten Formulare vereinfachen diese Arbeit. Sie können aus dem In-ternet unter www.baumpflegetage.de heruntergeladen und von jedermann für den genannten Zweck verwendet werden.

Baumpfleger sollten im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht ihre Kunden, besonders dann, wenn es sich bei ihnen nicht um (Baum-) Fachleute handelt, schriftlich auf das Erfordernis der regelmäßigen Kontrolle installierter Kronensicherungen hinweisen.

Sicherheitshinweis

Wenn im Baum eingebaute Kronensicherungen oder eine ihrer Komponenten ausgewechselt werden sollen und unter Zugspannung stehen, ist zuvor abzuklären, welche Maßnahmen erforderlich sind, um einen Baumbruch oder sonstige gefährliche Situationen zu verhindern, die sich aus dem Durchtrennen der haltenden Komponenten ergeben könnten. Diese können beispielsweise darin bestehen, vor der Entfernung des alten Systems eine neue, ausreichend dimensionierte Kronensicherung zu installieren oder die auseinander strebenden Baumteile temporär durch Spanngurte, so genannte „Ratschengurte“, wie sie bei der Ladungssicherung verwendet werden, zu halten. Auch vorübergehend verwendete Hilfsmittel müssen über eine ausreichend hohe Bruchlast verfügen!

Hinweis:

Diese Formblätter wurden nach bestem Wissen erstellt, ihre Verwendung in unveränderter Form ist jedermann gestattet.

Der Verfasser weist ausdrücklich darauf hin, dass die Durchführung der Kontrollen von Kronensicherungen auf der Grundlage der eigenen Beurteilung und Sachkenntnis des jeweiligen Anwenders erfolgen muss und dabei insbesondere die Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen sind.
Daher schließen der Verfasser und die Veranstalter der Osnabrücker Baumpflegetage jegliche Haftung für Schäden aus, die aus der Anwendung der Formblätter entstehen könnten, insbesondere Personen-, Sach- und Vermögensschäden.

Ergänzungen und Änderungen bleiben vorbehalten; Anregungen und Hinweise sind willkommen.

A. Allgemeines


  1. Ist/sind das/die installierte/n Kronensicherungssystem/e für das aktuelle Sicherungserfordernis (noch) geeignet ?
  2. Erfolgte der Einbau der Kronensicherung sachgemäß ?
  3. Ist, sofern im Einzelfalle relevant, die Kronensicherung aufgrund ihrer Materialeigenschaften für die Aufnahme von Dauerlasten geeignet ?
  4. Ist die Konensicherung verrutscht ?
  5. Befindet sich die Sicherungsebene auf 2/3 der Gesamtlänge der zu sichernden Baumteile (über deren Basis) ?
  6. Sind die umschlingenden Komponenten einwuchsgefährdet ?
  7. Sind Verbindungselemente straff gespannt ? 
  8. Ist der Einbau weiterer Sicherungen / Sicherungsebenen erforderlich ?
  9. Wann wurde die Kronensicherung eingebaut, ist lt. Herstellerangaben    
    der Austausch erforderlich ?
  10. Sonstiges


B. Prüfung der Komponenten


  1. Korrosion oder Brucherscheinungen an Metallteilen ?
  2. Gerissene Fasern von Tauwerk / Gurten ?
  3. Andere visuell erkennbare Hinweise auf eine Minderung der Bruchkraft  (Tragfähigkeit) ?
  4. Fester Sitz von Seilklemmen - bei Verwendung von Drahtseilen ?
  5. Korrekter Zustand von Spleißen oder Knoten – bei Verwendung von  Tauwerk ?
  6. Sonstiges



C. Kontrolle des Baumes


  1. Einwachsungen ?
  2. Scheuerstellen, verursacht durch umschlingende Komponenten ?
  3. Scheuerstellen, verursacht durch Verbindungselemente ?
  4. Fäule ?
  5. Bruchsicherheit im Bereich der Sicherungsebene vorhanden ?
  6. Sonstiges



D. Mängelbeseitigung


  1. Erneuerung der gesamten Kronensicherung
  2. Anpassung der Sicherungsebenen an die aktuellen Gegebenheiten
  3. Anpassung der umschlingenden Komponenten, durch Austausch
  4. Lockerung des Befestigungsgurtes, Gurtbandes oder Hohltaues
  5. Installation zusätzlicher Sicherungen, z. B. Auffangsicherung
  6. Austausch schadhafter Teile
  7. Sonstiges



E. Baumpflegerische Maßnahmen


  1. Durchführung entlastender Schnittmaßnahmen
  2. Beseitigung eingewachsener, umschlingender Komponenten
  3. Wundbehandlung
  4. Sonstiges



Literatur

[1] STOBBE, H.; DUJESIEFKEN, D.;SCHRÖDER, K.; Tree Crown Stabilization with the Double-Belt System Osnabrück; Journal of Arboriculture, Vol. 26, No.5, Sept. 2000, pp. 270-274


[2] FORSCHUNGSGESELLSCHAFT LANDSCHAFTSENTWICKLUNG LANDSCHAFTSPFLEGE e. V., Bonn, Hrsg; ZTV-Baumpflege - Ausgabe 2001 -

[3] SCHRÖDER, K.: Kronensicherung mit dem „Doppelgurtssystem Osnabrück“ – Entwicklungen und Erfahrungen seit 1990; Jahrbuch der Baumpflege, 1998, Thalacker Medien, Braunschweig

[4] WESSOLLY, L., VETTER, H.: Kronensicherung von Bäumen; Stadt und Grün, 7/99, Patzer Verlag, Berlin - Hannover


Anschrift des Verfassers

Klaus Schröder
Stadt Osnabrück
Fachbereich Grün und Umwelt
Postfach 4460
49034 Osnabrück

Baumpflege
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